Bei den Medizinprodukten ein Drittstaat: Das Abkommen zum Abbau technischer Handelshemmnisse mit der EU ist seit einigen Jahren nicht mehr gültig. Was sind die Auswirkungen für Schweizer Unternehmen und Behörden? Für den Bund hat INFRAS eine Vertiefungsstudie dazu erarbeitet.

Das Mutual Recognition Agreement MRA der Schweiz und der EU hat zum Ziel, technische Handelshemmnisse für Unternehmen abzubauen. Es trat 2002 mit den Bilateralen Verträgen I in Kraft und gilt für verschiedene Produktesektoren, unter anderem für Medizinprodukte. Wegen neuer Medizinprodukteregulierungen wäre eine Aktualisierung des MRA nötig, um weiter angewendet zu werden. Da es diese nicht gibt, wird die Schweiz seit 21. Mai 2021 von der EU als Drittstaat behandelt.
INFRAS hat für das Staatsekretariat für Wirtschaft (SECO) die Auswirkungen und zusätzlichen Kosten für den Medizinproduktesektor untersucht, die durch diese Nicht-Aktualisierung entstanden sind. Dafür hat INFRAS eine Befragung mit betroffenen Unternehmen durchgeführt und mit Fachpersonen aus den Unternehemn, von Branchenverbänden und der Verwaltung Interviews geführt.
Kosten für alle Unternehmen – besonders für KMU
Die Studie zeigt, dass die Nicht-Aktualisierung des MRA bei allen befragten Unternehmen Kosten verursacht. Die einmaligen Initialisierungs-Kosten werden zwischen 0.3% und 0.7% des Export-Umsatzes von Herstellern und zwischen 0.6% und 0.7% des Import-Umsatze von Handels- und Importunternehmen geschätzt. Die laufenden Kosten liegen tiefer: bei 0.1% bis 0.14% bzw. 0.3% bis 0.4% des Umsatzes. Wobei diese Durchschnittswerte der Branche durch umsatzstarke Grossunternehmen gedrückt werden. Die Studie hält fest, dass kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) stärker betroffen sind als grosse.
Effizienz- und Gestaltungsverlust bei Swissmedic
Auch die öffentliche Hand spürt negative Auswirkungen der Nicht-Aktualisierung des MRA, insbesondere die Zulassungs- und Kontrollbehörde Swissmedic. Sie stellt laut der Studie Einbussen in der Verwaltungseffizienz und -qualität fest. Die Personalkosten bei Swissmedic haben sich erhöht, ausserdem entstanden einmalige Kosten durch den Aufbau einer eigenen schweizerischen Datenbank für Medizinprodukte. Eine Herausforderung für Swissmedic ist auch der Ausschluss aus EU-internen Arbeitsgruppen, womit für die Schweizer Behörde Gestaltungsmöglichkeiten wegfallen.
Insgesamt haben sich die Medizinprodukteunternehmen und die Regulierungsbehörden aber mit der neuen Situation arrangiert, wie der INFRAS-Bericht weiter festhält.
Die Nicht-Aktualisierung des MRA hat zu einer gewissen Marktkonsolidierung und Portfoliobereinigung geführt. Für die Versorgungssicherheit und die Marktpreise konnten keine kritischen Veränderungen identifiziert werden.
Weitere Informationen:
Weitere INFRAS-Beiträge zum Thema «Evaluationen»: