Zehn Jahre später

Auswirkung der KVG-Revision der Spitalfinanzierung

9. April 2020

Als im Jahr 2009 das Bundesgesetz über die Krankenversicherung im Bereich der Spitalfinanzierung revidiert wurde, waren sowohl die Erwartungen als auch die Befürchtungen gross: Das Kostenwachstum sollte gebremst, der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Versorgung aber nicht beeinträchtigt werden. Wie hat sich die Revision auf die Qualität der stationären Spitalleistungen ausgewirkt? Eine Evaluation zieht Bilanz.


Chirurgen bei der Arbeit: Die Qualität der Spitalleistungen wurde seit der KVG-Revision mindestens aufrechterhalten. (Foto: Keystone-SDA)
Chirurgen bei der Arbeit: Die Qualität der Spitalleistungen wurde seit der KVG-Revision mindestens aufrechterhalten. (Foto: Keystone-SDA)

Die Spitalleistungen nicht mehr pro Tag, sondern mit leistungsbezogenen Pauschalen vergüten, Versicherten eine erweitere Spitalwahl ermöglichen und die Informationsbasis zu Wirtschaftlichkeit und Qualität der stationären Spitalleistungen ausdehnen: Diese und weitere Massnahmen umfasste die Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung im Bereich der Spitalfinanzierung (kurz: KVG-Revision), die Anfang des Jahres 2009 in Kraft getreten ist. Das Ziel: Mit der Revision sollte das Kostenwachstum im stationären Spitalbereich eingedämmt werden, ohne den Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Versorgung zu beeinträchtigen.

Kombination aus verschiedenen Forschungsmethoden

Im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit hat INFRAS gemeinsam mit Info Navigation untersucht, wie sich die KVG-Revision auf die Qualität der stationären Spitalleistungen ausgewirkt hat. Dazu haben die Studienautorinnen und -autoren verschiedene Forschungsmethoden miteinander kombiniert: Grundlage waren eine Literatur- und Dokumentenanalyse, Interviews mit Stakeholdern und ExpertInnen, mit Spitälern, Kliniken und Nachversorgern und eine breite Onlinebefragung der Kantone, Spitäler und Kliniken in der Schweiz. Die empirischen Arbeiten fanden zwischen Januar 2017 und Oktober 2018 statt. In die Studie sind zudem Datenanalysen eingeflossen, welche das Obsan durchgeführt und in einer parallelen Studie verarbeitet hat.

Revision aus Qualitätssicht zweckmässig...

Das übergeordnete Fazit der Evaluation lautet: «Die Qualität der Spitalleistungen konnte im Grossen und Ganzen mindestens aufrechterhalten werden. Der durch die KVG-Revision intensivierte Kostendruck hat sich insgesamt nicht, wie teils befürchtet, negativ auf die Qualität ausgewirkt.» Die Ergebnisse der empirischen Erhebung lassen darauf schliessen, dass die Transparenz über die Qualität der Spitalleistungen gestiegen ist. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass infolge der KVG-Revision vermehrt Qualitätskennzahlen erhoben und publiziert werden. Die Befragung zeigt zudem, dass Spitäler heute einen stärkeren Qualitätswettbewerb wahrnehmen und ihre Qualitätsanstrengungen erhöht haben. Insgesamt gehen die AutorInnen daher davon aus, dass sich die KVG-Revision für die Versicherten eher positiv ausgewirkt hat.

... es besteht aber weiterhin Handlungsbedarf

Zu beobachten ist jedoch die Qualität an den Schnittstellen. Infolge des Kostendrucks werden PatientInnen seit der Revision tendenziell früher in nachsorgende Bereiche verlegt. Es gibt einzelne Hinweise, dass sich hier bereits bestehende Qualitätsmängel akzentuiert haben. Zudem schliesst die Evaluation, dass das mögliche Potenzial für Qualitätsverbesserungen noch nicht voll ausgeschöpft ist: Defizite – und damit einhergehend auch Handlungsbedarf für Bund, Kantone, Versicherer und Spitäler – sehen die StudienautorInnen vor allem bei der Umsetzung der KVG-Revision: Demnach bestehen grosse Unterschiede, inwiefern die Kantone Qualitätskriterien berücksichtigen und von den Spitälern einfordern. Die EvaluatorInnen stellten ausserdem fest, dass der Qualitätswettbewerb noch nicht in vollem Gange ist. Es fehlt an interpretierbaren Qualitätsindikatoren für die PatientInnen, um Spitäler vergleichen können. Zudem ist die erweiterte Spitalwahl nicht voll gewährleistet, da die PatientInnen in Spitälern ausserhalb ihres Kantons teils für Tarifdifferenzen aufkommen müssen.

Die Studie ist Teil einer Gesamtevaluation der KVG-Revision der Spitalfinanzierung bestehend aus drei Themenbereichen. Die Ergebnisse der Gesamtevaluation sind in einem Schlussbericht des BAG an den Bundesrat festgehalten.

Hier finden Sie

Projektteam

Judith Trageser Bereichsleiterin, Partnerin
Thomas von Stokar Geschäftsleiter, Partner
Anna Vettori Bereichsleiterin, Partnerin

Projekt

Auswirkungen der KVG-Revision der Spitalfinanzierung auf die Qualität

Laufzeit

2016 - 2018

Themen


Leistungen


Auftraggeber

Bundesamt für Gesundheit

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Kontakt

Judith Trageser Bereichsleiterin, Partnerin