Carbon Dioxide Removal CDR

CO2-Abscheidung und Negativemissionstechnologien: Potenziale für den Kanton Aargau

24. November 2025

Teil der Massnahmen gegen den Klimawandel können CO2-Abscheidung und -Speicherung sowie Negativemissionstechnologien sein. Die Entwicklung steht aber noch am Anfang. INFRAS hat für den Kanton Aargau ermittelt, welche Potenziale diese Technologien in der kantonalen Klimapolitik bieten.


Bioenergie kombiniert mit Carbon Capture and Storage (BECCS) könnte in Zukunft eine wichtige Rolle als Negativemissionstechnologie spielen. Im Bild das Holzheizkraftwerk Frauenfeld. (Foto: Keystone-SDA)
Bioenergie kombiniert mit Carbon Capture and Storage (BECCS) könnte in Zukunft eine wichtige Rolle als Negativemissionstechnologie spielen. Im Bild das Holzheizkraftwerk Frauenfeld. (Foto: Keystone-SDA)

Bis 2050 will der Kanton Aargau Netto-Null-Treibhausgasemissionen erreichen. Unverzichtbar sind dabei Massnahmen, um Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Zum Beispiel durch die Dekarbonisierung des Verkehrs oder des Energiesektors. Oder durch die Abscheidung und Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage CCS), bevor es in die Atmosphäre gelangt. Ergänzend kommen Negativemissionstechnologien ins Spiel, in der Fachsprache vermehrt auch als Carbon Dioxide Removal (CDR) bezeichnet. Damit lassen sich auch technologisch kaum reduzierbare Restemissionen ausgleichen. CDR ist auch deshalb relevant, weil es über 2050 hinaus noch notwendig sein wird, mehr CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen, als emittiert wird, um die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Analyse von CCS-Technologien und von CCU

INFRAS hat für den Kanton Aargau in einer Grundlagenstudie die Restemissionen bis 2050 ermittelt und das Potenzial für Reduktions- und Negativemissionstechnologien verschiedener Sektoren abgeschätzt. Die Restemissionen 2050 belaufen sich demnach auf rund 870kt CO2eq – fast fünfmal weniger als 2021. Sie gehen grossmehrheitlich auf die Zementindustrie, die Kehrichtverbrennung und die Landwirtschaft zurück. In diesen Bereichen ist der Handlungsbedarf entsprechend gross.

In der Studie wurde zum einen untersucht, wie viel CO2 mit CCS an der Quelle, etwa bei Zementwerken oder Kehrichtverbrennungsanlagen, vor dem Austritt in die Atmosphäre abgeschieden werden könnte, um es danach langfristig im Untergrund zu speichern. Zum anderen hat INFRAS das Potenzial für CDR abgeschätzt, das unter anderem durch den Einsatz von Biomasse zur Energieerzeugung (in Kombination mit CCS) und das Ausbringen von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft erreicht werden könnten. Bei der Analyse wurden konkrete logistische, ökonomische oder geografische Faktoren berücksichtigt. Zum Beispiel die Notwendigkeit einer CO2-Transportinfrastruktur für die meisten CCS-Anwendungen.


Wie gross sind die Restemissionen der verschiedenen Sektoren im Kanton Aargau 2050? Und wo liegen die Potenziale, um diese Restemissionen mit CCS und CDR zu senken? (Grafik: Hahn+Zimmermann/INFRAS)
Wie gross sind die Restemissionen der verschiedenen Sektoren im Kanton Aargau 2050? Und wo liegen die Potenziale, um diese Restemissionen mit CCS und CDR zu senken? (Grafik: Hahn+Zimmermann/INFRAS)

Grosses Potenzial, aber auch hohe Kosten

INFRAS geht davon aus, dass das Potenzial von CCS und CDR in der Grössenordnung der abgeschätzten Restemissionen liegt – der Kanton Aargau könnte damit das Netto-Null-Ziel erreichen. «Diese Schätzungen sind jedoch mit hohen Unsicherheiten behaftet», sagt Moritz Reisser, einer der Studienautoren. «Wir sind von einem Best-Case-Szenario mit idealen Rahmenbedingungen ausgegangen. Um diese Potenziale zu erreichen, werden grosse Anstrengungen und hohe Investitionen in Technologie und Infrastruktur nötig sein.»

Die Gespräche, die im Zuge der Studie mit den grossen Treibhausgas-Emittenten im Kanton geführt wurden, haben gezeigt, dass die hohen Kosten für CCS der grösste Knackpunkt sind. Darüber hinaus gibt es sehr viele Abhängigkeiten. Gewisse Voraussetzungen, wie etwa die Transportinfrastruktur zu den CO2-Speichern, liegen nicht allein in der Hand des Kantons Aargau. «Umso wichtiger ist es, die Restemissionen bis 2050 so weit wie möglich abzusenken, damit wir den kostspieligen Einsatz von CCS und CDR auf ein Minimum reduzieren können», hält Reisser fest.

Auch für andere Kantone relevant

Die Zahlen wurdenn zwar spezifisch für den Kanton Aargau ermittelt. Dennoch ist die Grundlagenstudie auch für andere Kantone relevant: Sie zeigt exemplarisch, wo die Chance und Herausforderungen von CSS und CDR für die kantonalen Klimapolitik liegen. Wichtig werden in Zukunft etwa Überlegungen zur effizienten Verteilung von Biomasse, weil hier ein Nutzungskonflikt zwischen Biogasanlage, KVA, Energie- und Bausektor sowie Pflanzenkohle besteht.

Weitere Informationen

Nationale Arbeitsgruppe CO2-Entfernung und -Speicherung

Die INFRAS-Studie für den Kanton Aargau hat gezeigt, dass für den Ausbau von CCS und CDR gute Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen – sei es in Form gesetzlicher Grundlagen oder im Bereich Infrastruktur und Logistik. Dafür ist die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsebenen und der Wirtschaft zentral. Genau zu diesem Zweck wurde 2022 die nationale Arbeitsgruppe für CO2-Entfernung und -Speicherung ins Leben gerufen. INFRAS-Bereichsleiter Felix Weber konnte der Arbeitsgruppe die Aargauer Studie kürzlich präsentieren und damit einen Beitrag leisten, um Hürden für den Ausbau von CCS/NET zu identifizieren und Lösungsoptionen zu entwickeln.

Projektteam

David Giger Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Moritz Reisser Projektleiter
Felix Weber Bereichsleiter, Partner

Projekt

NET-Perspektiven Kanton Aargau: Grundlagenstudie über CCS/NET

Laufzeit

2024 - 2025

Themen


Leistungen


Auftraggeber

Kanton Aargau, Departement für Bau, Verkehr und Umwelt

Kontakt

Felix Weber Bereichsleiter, Partner