Deutschland

Wie der globale Klimawandel Handelsbeziehungen tangiert

12. Mai 2020

Für die deutsche Wirtschaft sind neben den nationalen vor allem auch die in­ter­na­tio­na­len Folgen des Klimawandels ein zunehmender Risikofaktor. Über welche Wirkungsketten der Aussenhandel betroffen ist, hat ein mehrjähriges Forschungsprojekt im Auftrag des Umweltbundesamts analysiert. Die Studie macht deutlich: Staatliche und private Akteure sind verstärkt gefordert.


Ein Frachtschiff im Hamburger Hafen: Deutsche Unternehmen sind international eng vernetzt. (Foto: Keystone-SDA)
Ein Frachtschiff im Hamburger Hafen: Deutsche Unternehmen sind international eng vernetzt. (Foto: Keystone-SDA)

Deutschland ist gegenüber dem globalen Klimawandel spürbar exponiert. Die international eng vernetzte Bundesrepublik treffen dabei insbesondere auch jene klimabedingten Extremwettereignisse, die ausserhalb Europas entstehen. Das zeigt eine Szenarienanalyse im Rahmen des Forschungsprojekts Impact CHAIN. Für das Umweltbundesamt hat INFRAS (Lead) gemeinsam mit der Universität Graz und der Universität Frankurt/Oder sowie Atlas Environment Law Advisory die Folgen des globalen Klimawandels für Deutschland analysiert (hier der vollständige Abschlussbericht).

Systematische Analyse entlang von Wirkungsketten

Deutsche Unternehmen sind international eng vernetzt. Die Bundesrepublik pflegt weltweite Handelsbeziehungen. Zu den Handelspartnern zählen auch Länder, die stark vulnerabel gegenüber klimatischen Veränderungen sind. Welche Folgen hat der Klimawandel in den verschiedenen Weltregionen für den deutschen Aussenhandel? Um das zu erfassen, hat die Studie verschiedene Wirkungsketten systematisch analysiert. INFRAS-Bereichsleiter Martin Peter: «Damit können wir potenzielle ökonomische Risiken und Chancen des weltweiten KIimawandels für Deutschland abschätzen.» Die Wirkungsketten illustrieren, wie die Folgen klimatischer Veränderungen in verschiedenen Weltregionen die deutsche Volkswirtschaft auf unterschiedlichen Ebenen tangieren: Werden beispielsweise Fertigungsstätten oder Ökosysteme in Beschaffungsländern infolge von Starkniederschlägen oder Dürre beschädigt und es kommt zu Produktionsunterbrechungen, kann das zu Lieferverzögerungen und Verknappungen im Import führen. Umgekehrt kann der Klimawandel etwa ein verändertes Konsumverhalten in Absatzmärkten bedingen oder die Kaufkraft in ausländischen Absatzmärkten senken – mit entsprechenden Folgen für den Export von Waren aus Deutschland.

Mögliche Folgen

Neben qualitativen Analysen haben die StudienautorInnen drei klimabedingte Wirkungsketten gesondert quantifiziert und modelliert: Veränderung der Arbeitsproduktivität, Veränderung landwirtschaftlicher Erträge und Anstieg des Meeresspiegels. Dabei wurde deutlich: Vor allem in China, Indien, Süd- und Südostasien, dem mittleren Osten und in Afrika ist bei diesen klimabedingten Veränderungen mit starken Produktionsausfällen und Wohlfahrtseinbussen zu rechnen. Den damit einhergehenden Kaufkraftverlust könnte Deutschland als Handelspartner erheblich zu spüren bekommen. Wenn Vorleistungslieferungen aus hoch klimavulnerablen Ländern künftig zunehmend stark verzögert, qualitativ beeinträchtigt oder gar nicht mehr nach Deutschland importiert werden können, dann kann das für zahlreiche produzierende Unternehmen aus den verschiedensten Sektoren in Deutschland erheblich negative Folgen haben.

Resilienz verbessern

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Zukunft des deutschen Aussenhandels? Die StudienautorInnen raten davon ab, allgemein die internationale Handelsverflechtung Deutschlands zu reduzieren. Vielmehr sei anzustreben, die bestehenden Klimarisiken der Handelsbeziehungen klar zu analysieren, diese strategisch zu differenzieren und Anpassungsmassnahmen in Weltregionen, die stark vom Klimawandel betroffen sind, gezielt zu unterstützen. Dabei sind Wirtschaft und Gesellschaft gleichermassen gefordert, wie INFRAS-Bereichsleiter Martin Peter betont: «Um die klimabedingten Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erfassen, reicht ein Blick allein aufs Inland nicht aus. Grenzüberschreitende Präventionsmassnahmen und Risikomanagement müssen verstärkt in den Fokus rücken.»

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts Impact CHAIN im Überblick:

Weitere Informationen und Studien von INFRAS zu diesem Thema (Auswahl):

Projektteam

Martin Peter Geschäftsleiter, Partner
Madeleine Guyer Projektleiterin
Jürg Füssler Geschäftsleiter, Partner